Deutschland ist ein Land mit einer tief verwurzelten Migrationsgeschichte. Über 20 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund leben hier. Diese Vielfalt stellt eine enorme Stärke dar, doch die gegenwärtige Diskussion über die Verschärfung des Asylrechts und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen verengt den Blick und versucht gezielt eine Zuspitzung, um fundamentale Grundrechte in Frage zu stellen. Sie stellt nicht nur eine Belastung für geflüchtete Menschen dar, sondern gefährdet auch den sozialen Zusammenhalt und lenkt von den wirklichen Herausforderungen ab.
Fakten statt Angst
Immer wieder wird behauptet, dass eine Verschärfung des Asylrechts notwendig sei, um eine angebliche Zunahme der Kriminalität und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zu bekämpfen. Diese
Argumentation ignoriert jedoch die Realität. Statistiken zeigen, dass die Mordrate in Deutschland seit 1993 kontinuierlich gesunken ist und sich aktuell auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten
befindet. Diese Zahlen widerlegen die oft geäußerten Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit Migration.
Darüber hinaus zeigt die Realität, dass Migration grundsätzlich eine Bereicherung für unsere Gesellschaft darstellt, wenn gesellschaftliche Teilhabe effektiv gestaltet wird. Migrant*innen tragen
zur kulturellen Vielfalt, zum wirtschaftlichen Wachstum und zu einem dynamischen sozialen Gefüge bei. Die Vorstellung, dass Migration eine Belastung ist, übergeht die zahlreichen positiven
Beiträge und den gesellschaftlichen Mehrwert, den Migrant*innen leisten. Die Achtung des Grundrechts auf Asyl ist eine wichtige Säule einer demokratischen Gesellschaft.
Ablenkung von echten Problemen
Die aktuelle politische Diskussion lenkt von den tatsächlichen Herausforderungen ab, die unsere Gesellschaft betreffen. Die Defizite in unserem Bildungssystem, der Infrastruktur und der
medizinischen Versorgung sind das Ergebnis jahrelanger Vernachlässigung und Einsparungen. Schulen sind überlastet, der Zugang zu hochwertiger Bildung ist ungleich verteilt. Ländliche Regionen
kämpfen mit unzureichender medizinischer Versorgung, und das Gesundheitssystem hat über Jahre hinweg unter chronischer Unterfinanzierung gelitten.
Zusätzlich stehen wir vor einem massiven Fachkräftemangel, der durch einen
unzureichenden Zugang zu Berufsausbildung und Arbeit von Migrant*innen noch verstärkt wird. Viele der Ressourcen von gut ausgebildeten Migrant*innen werden nicht genutzt, da die
Zugangsvoraussetzungen große Hürden darstellen. Die Verwaltung hat Schwierigkeiten, effizient mit den Anforderungen umzugehen, nicht wegen der Anzahl der geflüchteten Menschen, sondern wegen
einer überbordenden Bürokratie, die die gesellschaftliche Partizipation behindert.
Ein weiteres drängendes Problem ist der akute Wohnungsmangel, der besonders sozial benachteiligte Menschen betrifft. In vielen Städten und Gemeinden stockt der Bau von Sozialwohnungen erheblich,
was die Situation für alle, insbesondere für geflüchtete Menschen, verschärft. Der Wohnungsmarkt ist angespannt, und die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum übersteigt bei weitem das Angebot.
Ein Aufruf zum Handeln
Wir stehen an einem kritischen Punkt. Die populistische Rhetorik zur Migration und dem Asylrecht bedroht nicht nur die Lebensqualität vieler Menschen, sondern gefährdet auch die Grundlagen
unserer Demokratie. Die Diskussion über Asylrechtsverschärfungen und Grenzkontrollen dient nicht der Lösung der tatsächlichen Probleme, sondern der Ablenkung von grundlegenden Missständen, die
seit Jahren bestehen.
Es ist an der Zeit, energisch und entschieden aufzustehen! Nicht nur Einzelpersonen, auch alle bezirklichen und Landesverwaltungen, staatlichen Banken, Nahverkehrsbetriebe,
Wohnungsbaugesellschaften, Kindertagesstätten und weitere können ganz praktisch dazu beitragen, dass die Probleme gelöst werden, statt sie noch zu verschlimmern. Dafür müssen sie sich gegen diese
spaltende und feindliche Rhetorik wenden und sich für eine sachliche, gerechte und humane Politik einsetzen. Sei es, dafür zu sorgen, dass auch alle Menschen ein Bankkonto eröffnen können, ohne
welches sie kaum Arbeit oder eine Wohnung finden können, sei es Unterstützung bei der Kinderbetreuung, der Arbeitserlaubnis, der Suche nach
einer Wohnung und vieles mehr. Die Probleme werden durch Entscheidungen und
Handlungen gelöst und nicht durch Ablenkung und Scheindebatten. Unsere Demokratie lebt von Vielfalt und Inklusion. Um diese zu schützen, müssen wir uns den echten Herausforderungen stellen – sei
es in der Bildung, der Infrastruktur, der medizinischen Versorgung oder im Wohnungsbau. Wir müssen uns auf eine Politik konzentrieren, die auf Fakten basiert und das “Ankommen” und die
Unterstützung von geflüchteten und benachteiligten Menschen begünstigt statt verhindert.
Schließen Sie sich unserem Aufruf an und setzen Sie ein starkes Zeichen für eine
verantwortungsvolle, gerechte und demokratische Politik. Gemeinsam können wir für eine Zukunft kämpfen, in der Migration als Chance und nicht als Bedrohung gesehen wird.
Unterzeichnende
- Allianz Ukrainischer Organisationen e.V.
- Bund für Antidiskriminierungs- und Bildungsarbeit in der BRD e. V.
- Club Dialog e.V.
- Dein Almanya / Young Global Citizens Assembly e.V.
- KulturMarktHalle e.V.
- La Red - Vernetzung und Integration e.V
- Moabit hilft e.V.
- Migrationsrat Berlin e.V.
- Sources-d'Espoir e.V.
- Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg (TBB)
- Verband für interkulturelle Arbeit VIA Regionalverband Berlin/Brandenburg e.V.
- Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin e.V.
- Yekmal e.V.
Diese Organisationen sind Teil der im Entstehen begriffenen Initiative Berlin Polyphon: www.polyphon.berlin
Falls Ihr die Aktion unterstützen wollt, beteiligt euch am Hashtag
#NotlageMenschlichkeit